Das Lichtenfelser "Experiment" [1] und seine "Bedeutung" (Stand 07.12.03)

  1. Vorwort
  2. In diesem Vorwort wird kurz umrissen, was Ausgangspunkt dieser Abhandlung ist und welche Folgen sich aus einer wissenschaftlich exakten Betrachtung des Experiments ergeben. Für Bauherren ist es ausreichend, nur den Abschnitt "Für Bauherren" zu lesen.

    In dieser Abhandlung wird davon ausgegangen, daß die Meßwerte des "Lichtenfelser Experiments" im Rahmen der relativ großen Ungenauigkeit der wenig sorgfältigen Versuchsdurchführung richtig sind - und das wird auch durch Kontrollrechnungen bestätigt. Aber gerade durch die Übereinstimmung von Rechnung und Experiment beweist das Experiment, daß eine Grundlage der Bauphysik - die Fouriersche Wärmeleitungsgleichung - auch instationär gültig ist und nicht nur mit irgendwelchen Nullsetzungen gelöst werden kann oder gelöst wird. Diesen Unsinn behauptet zumindest Prof. Meier immer wieder - aber immer wieder unzutreffend. Daß die Lösungen der Fouriersche Wärmeleitungsgleichung die unzutreffenden Behauptungen der Ziegelphysiker widerlegen, liegt nicht an den Lösungen, sondern an den unzutreffenden Behauptungen.

    Weil die beobachteten Meßwerte und die Lösungen der Wärmeleitungsgleichung übereinstimmen, ist den Ziegelphysikern der Boden für "Kritiken" an der "offiziellen" Bauphysik entzogen. Aber ob Prof. Meier und die anderen Ziegelphysiker in der Lage sind, das ebenfalls zu erkennen? Wahrscheinlich nicht, denn die Ziegelphysiker benutzen ja gerade das Experiment und seine unverstandenen Ergebnisse um Kritik zu üben.

    Anmerkung.Der folgende Text ist wegen einiger Vorwürfe notwendig, das er notwendig ist, bedauert der Autor, denn der Text kann auch als Eigenlob mißverstanden werden. Mit dieser Abhandlung wird auch bewiesen, daß der Autor das mathematische Handwerkszeug zur Lösung von Differentialgleichungen besitzt - eine Fertigkeit, die den Ziegelphysikern offensichtlich fehlt. Denn die Erklärung der Meßwerte auf der Basis der Ausgangsdaten des Versuchs ist von den Experimentatoren nicht gebracht worden, sondern wird erst hier nachgeholt. Es wurden von den Experimentatoren nur qualitative und keine quantitativen Aussagen gemacht - und die auch noch falsch. Dagegen sind dem Autor noch nie Rechenfehler usw. nachgewiesen worden - es kamen nur pauschale Vorwürfe zu angeblichen Rechentricks. Abweichungen zwischen der "offiziellen" Bauphysik und Interpretationen der Ziegelphysiker dürften deshalb nur auf unqualifizierte Arbeit der Ziegelphysiker zurückzuführen sein. Und auch dafür liefert der Problemkatalog in dieser Abhandlung genügend Beispiele.

  3. Ungereimtes
  4. Es ist nicht unüblich im Verlauf von Diskussionen zu einem Problem noch Neues hinzuzufügen. Aber was die Lichtenfelser "Wissenschaftler" in dieser Beziehung leisten ...

    Gemachte Aussagen wurden "korrigiert" bzw. mußten auf Grund von Entgegenhaltungen wegen offensichtlichem Unsinns korrigiert werden. Aber zu allen Korrekturen konnten sich die Lichtenfelser "Wissenschaftler" noch nicht durchringen - sonst müßten sie ja zugeben, Unsinn publiziert zu haben. Beispiele:

  5. Beschreibung des Lichtenfelser Experiments
  6. Ausgangspunkt ist ein Bild des Lichtenfelser Experiments [1]:

    Versuchsaufbau

    Jeweils 4 cm dicke Prüflinge liegen auf einer Unterlage. Im Bild ist der Prüfling aus Polystyrol, auch Mineralwolle, Holzfaserplatte, Fichte und Vollziegel wurden benutzt. (Evtl. ist auch die Unterlage ohne Prüling zu sehen?) Darüber wurde im Abstand von ca. 50 cm eine 150 W-Lampe angebracht. Auf dem Bild ist wahrscheinlich auch noch der Temperaturfühler für die Temperaturanzeige zu sehen, die die Vorderseitentemperatur anzeigen soll. (Ohne Prüfling wäre es der Rückseitenfühler.)

    In der Globus-Sendung [6] waren 3 Meßkammern zu sehen, bei denen gleichzeitig gemessen wurde. Als Schaueffekt mag das ja noch zu akzeptieren sein - aber wenn die veröffentlichten Ergebnisse, ebenfalls so gewonnen wurden, dann liegt keine Vergleichbarkeit vor. Erklärung: in der mittleren Kammer werden 2 Seitenwände erwärmt, in den Außenkammern nur eine.

  7. Für Bauherren
  8. Wenn die Strahlung eingeschaltet wird, ist der Prüfling - ganz gleich aus welchem Material - noch nicht erwärmt. Abhängig von der Oberflächenfarbe, wird ein Teil der Strahlung reflektiert. Den Rest der Strahlung absorbiert jedes Material - wohin sollte die Strahlungsenergie auch sonst hin? Durch die Absorption der Strahlungswärme steigt die Temperatur des Prüflings, bei den Dämmstoffen besonders schnell. Das hat zwei Gründe:

    Für den Bauherrn bedeutet das: unabhängig vom Material, tritt der gleiche solare Energiegewinn auf, denn die Sonnenenergie kommt genau so als Strahlung, wie die Strahlung der Infrarotlampe.

    Nach einer gewissen Zeit wird bei jedem Material eine gleichbleibende Endtemperatur erreicht, die an jeder Stelle natürlich eine andere sein kann. Für den Wert der Endtemperatur ist die Speicherfähigkeit des Materials ohne Bedeutung, denn es finden keine Temperaturänderungen mehr statt.

    Bei gleichen Dicken ist bei Dämmmaterialien diese Endtemperatur wegen der hohen Temperaturdifferenz höher als bei anderen Materialien. Damit ist auch die Abstrahlung von der Oberfläche höher als bei anderen Materialien. Deshalb bleibt für den Wärmestrom durch den Dämmstoff weniger übrig. Macht man die Schichten aus anderen Materialien so viel dicker als die Dämmstoffschicht, daß die Temperatur den gleichen Endwert wie bei der dünneren Dämmstoffschicht erreicht, dann bleibt für den Wärmestrom durch den dickeren Prüfling der gleiche Rest an Wärmestrom übrig. Damit haben die dünnere Dämmstoffschicht und die dickere Schicht aus anderen Materialien den gleichen U-Wert.

    Wenn eine viel höhere Temperatur notwendig ist, damit bei gleichen Dicken durch den Dämmstoff der gleiche Wärmestrom wie beispielsweise durch Ziegel fließt, dann folgt daraus im Umkehrschluß, daß bei gleichen Temperaturen durch einen Dämmstoff viel weniger Wärme fließt - und genau dieses ist die Aufgabe eines Dämmstoffs. Sicherlich deshalb haben auch die Experimentatoren Dämmstoff als Unterlage genommen.

    Nun bleibt noch das Wärmeverhalten während der Aufheizung bzw. Abkühlung. Dazu der Verlauf der Differenztemperatur zwischen Ober- und Unterseite der Prüflinge im "Lichtenfelser Experiments":

    Differenz

    Da die Temperatur an der Oberfläche beim Dämmstoff wegen kleiner Speicherung schnell steigt, ist wegen der hohen Temperatur auch der Wärmeverlust an die Umgebung groß - aber nur solange die Strahlung einfällt. Wird die Strahlung abgeschaltet, fällt die Temperatur auch schnell - es ist ja kaum Wärme gespeichert. Bei gleichen Dicken der Prüflinge sogar ganz schnell. Im Lichtenfelser Experiment ist bei den Dämmstoffen so wenig Wärme gespeichert, daß alle Wärme schon nach 2 Minuten fast heraus ist. Der Hauptteil der weiter abgegebenen Wärme stammt von der Unterlage. Das ist daran zu sehen, daß sich die Temperaturdifferenz über die Dämmstoffprüflinge umkehrt, d.h. der Prüfling heizt nicht mehr die Unterlage auf, sondern kühlt sie. Das ist so, weil am Ende der Abkühlung alle Temperaturdifferenzen Null sein müssen - sonst wäre der Endzustand ja noch nicht erreicht. Erst wenn alle Materialien die Ausgangstemperatur erreicht haben, ist nirgends mehr Wärme gespeichert.

    Die gespeicherte Wärmemenge ist nicht gleich der angebotenen Wärmemenge, da während der Aufheizung durch die steigende Oberflächentemperatur ein steigender Teil an die Umgebung verloren geht. Bei gut speichernden Stoffen steigt die Oberflächentemperatur nicht so schnell und es wird mehr Wärme gespeichert. Und genau dieses mehr an gespeicherter Wärme muß während der Abkühlphase verloren gehen. Und warum ist es genau dieses mehr? Am Schluß der Abkühlung ist ja keine gespeicherte Wärme mehr vorhanden, aber die gespeicherte Menge entstand ja gerade dadurch, daß diese Wärmemenge nicht an die Umgebung abgegeben, sondern gespeichert wurde.

    An diesen Tatsachen ändert sich auch nichts, wenn während der Abkühlphase erneut die Strahlung eingeschaltet wird. Natürlich gibt es wegen der höheren Anfangstemperatur größere Verluste an die Umgebung, aber weil dadurch auch die gespeicherte Wärmemenge geringer ist, ist dann in der Abkühlphase der Wärmeverlust geringer - also insgesamt ist der Verlust gleich.

    Warum dann der Einsatz von Dämmstoffen? Zur Illustration werden 2 Wände mit gleichem U-Wert verglichen. Die eine Wand soll aus einer Mauer mit einer Dicke entsprechend der Statik bestehen und darauf ist eine Dämmschicht. Die andere Wand soll nur aus einer Mauer bestehen, die aber viel dicker sein muß. Vergleicht man die Kosten der beiden Wände (die ja den gleichen U-Wert haben), so ergibt sich: die dicke Mauer ist viel teuerer. Besteht ein Unterschied im Heizungsbedarf? Nein, wenn der betrachtete Zeitraum genügend lang ist.

    Anmerkung: Wegen des gewählten Versuchsaufbaus erwärmt sich auch die Rückseite. An den grundsätzlichen Betrachtungen ändert das nichts, aber da sich die Unterlage erwärmt müßte eine vollständige Analyse auch noch die Temperaturänderung der Unterlage erklären. Da das aber nur mehr oder weniger eine Wiederholung des Vorstehenden ist, kann das eingespart werden.

  9. Wärmeströme des Experiments
  10. Aus dem gezeigten Aufbau des Experiments ergibt sich folgendes Schema der Wärmestromdichten (Die Wärmestromdichten erhalten den Formelbuchstaben I und werden beispielsweise in W/m2 angegeben):

    Wärmeströme

    Io: einfallende Strahlung von der Infrarotlampe oberhalb des Prüflings und von den erwärmten Seitenwänden, Abdeckung usw.
    Iv: reflektierte und durch Abstrahlung und Konvektion verlorengehende Strahlung
    Is: Wärmestrom, der im Prüfling durch Speicherung bleibt
    Ia: Wärmestrom, der den Prüfling abseitig verläßt
    Iu: Wärmestrom, der in der Unterlage durch Speicherung bleibt
    Ir: Wärmestrom, der durch die Unterlage an die Umgebung abgeben wird
    Tv: Vorderseitenthermometer bzw. Temperatur auf der Vorderseite des Prüflings
    Tr: Rückseitenthermometer bzw. Temperatur auf der Rückseite des Prüflings
    Tu: Umgebungstemperatur
    Uu: U-Wert der Unterlage (Unterlage einschließlich Übergang an die Umgebung)
    Up: U-Wert des Prüfling (Prüfling ohne Übergänge an die Umgebung)

    Mit diesem Schema sind Wärmeströme und Temperaturen des Lichtenfelser Experiments, so wie es sicher gedacht ist, vollständig beschrieben.

  11. Beziehungen zwischen Wärmeströmungen und Temperaturen
  12. Die einfallende Strahlung Io sollte fast zeitunabhängig sein, da die Infrarotlampe während der Zeit, in der sie eingeschaltet ist, eine fast konstante Leistungsaufnahme haben dürfte. Weil die Strahlung auch die Wände des Versuchsaufbaus erwärmt, strahlen diese dann selbst. Dadurch erhöht sich Io. Nach langer Zeit (strenggenommen erst nach ∞ langer Zeit) liegen stationäre Verhältnisse vor und in die Speicherung fließt kein Wärmestrom mehr, d.h. Is und Iu werden Null. Damit liegen dann stationäre Verhältnisse vor.

    In den Zeiten zwischen 0 und ∞ sind alle Wärmeströme zeitlich veränderlich. In der Zeit unmittelbar nach dem Einschalten sind Ia und Ir fast 0 wegen fehlender Temperaturdifferenzen. Iv wird allein durch den Reflexionsfaktor der Oberfläche bestimmt. Für Is gilt deshalb:

    Is = Io − Iv

    Bei stationären Verhältnissen akzeptieren auch Ziegelphysiker (ZP) die U-Werte. Damit ergibt sich für die Rückseitentemperatur nach genügend langer Zeit:

    Tr = Tu + Ir / Uu

    Und für die Vorderseitentemperatur ergibt sich nach genügend langer Zeit:

    Tr + (Io − Iv − Ia) / Up < Tv < Tr + (Io − Iv) / Up

    Die Unterlage sollte bei allen Prüflingen gleich sein. Wenn nicht, so würde schon dieser Versuchsmangel die Ergebnisse unvergleichbar machen und auf Vergleichbarkeit legen doch die Experimentatoren viel Wert. Wenn Ir auch gleich wäre, wären alle stationären Rückseitentemperaturen gleich. Das ist nicht der Fall, aber da beim Lichtenfelser Experiment wesentliche Daten fehlen, ist nur eine Abschätzung möglich.

    Wahrscheinlich ist Ir beim Ziegel am höchsten. Da die Tv nur wenig über Tr liegt und ein relativ hoher Absorptionsgrad vorliegt, dürfte sowohl Iv als auch Ia relativ klein sein, so daß Io am Wenigsten verringert wird. Bei Fichte dürfte sowohl Iv als auch Ia ansteigen, so daß Ir kleiner wird und damit als Folge auch Tr kleiner sein. Iv und Ia werden bei Dämmstoffen noch weiter ansteigen, so daß Ir und damit auch Tr noch kleiner sein werden. Wegen der weißen Oberfläche wird PS besonders viel reflektieren, so daß Iv am Größten wird. Damit ist die Rückseitentemperatur bei PS am niedrigsten.

    Damit ergeben sich folgende Schätzwerte der Rückseitentemperatur im stationären Zustand:

    MiWo

    PS

    Holzfaser

    Fichte

    Ziegel

    75°C

    55°C

    80°C

    85°C

    90°C

    Mit den Meßwerten des Experiments (Tabelle 3 aus [1]) ergibt sich folgendes Diagramm:

    Rückseite

    Mit den gleichen Überlegungen lassen sich auch die stationären Vorderseitentemperaturen abschätzen:

    MiWo

    PS

    Holzfaser

    Fichte

    Ziegel

    170°C

    100°C

    97°C

    95°C

    92°C

    Mit den Meßwerten des Experiments (Tabelle 3 aus [1]) ergibt sich folgendes Diagramm:

    Vorderseite

    Zur weiteren Auswertung werden die Materialdaten und daraus abgeleitete Größen benötigt. Einige Daten sind schon in Tabelle 3 in [1]) vorhanden, aber teilweise falsch. Die wirklichen Materialdaten sind nicht bekannt, es werden deshalb die Werte aus den Normen genommen.

    Eingabewerte:

    Daraus ergeben sich folgende abgeleitete Werte:

    Und dies sind die Werte:

      Mineralwolle Styropor Holzfaserplatte Fichte Ziegel
    λ 0,04 W/(mK) 0,04 W/(mK) 0,04 W/(mK) 0,13 W/(mK) 0,88 W/(mK)
    ρ 40 kg/m3 20 kg/m3 150 kg/m3 440 kg/m3 1900 kg/m3
    c 0,28 Wh/(kg K) 0,42 Wh/(kg K) 0,39 Wh/(kg K) 0,44 Wh/(kg K) 0,28 Wh/(kg K)
    1000 Ws/(kg K) 1500 Ws/(kg K) 1400 Ws/(kg K) 1600 Ws/(kg K) 1000 Ws/(kg K)
    b 0,67 Wh½/(m2K) 0,58 Wh½/(m2K) 1,53 Wh½/(m2K) 5,04 Wh½/(m2K) 21,55 Wh½/(m2K)
    40,00 Ws½/(m2K) 34,64 Ws½/(m2K) 91,65 Ws½/(m2K) 302,52 Ws½/(m2K) 1293,06 Ws½/(m2K)
    a 3,60E-03 m2/h 4,80E-03 m2/h 6,86E-04 m2/h 6,65E-04 m2/h 1,67E-03 m2/h
    1,00E-06 m2/s 1,33E-06 m2/s 1,90E-07 m2/s 1,85E-07 m2/s 4,63E-07 m2/s
    Qs* 11,11 Wh/(m3 K) 8,33 Wh/(m3 K) 58,33 Wh/(m3 K) 195,56 Wh/(m3 K) 527,78 Wh/(m3 K)
    40000 Ws/(m3 K) 30000 Ws/(m3 K) 210000 Ws/(m3 K) 704000 Ws/(m3 K) 1900000 Ws/(m3 K)
    Qs'' 0,44 Wh/(m2 K) 0,33 Wh/(m2 K) 2,33 Wh/(m2 K) 7,82 Wh/(m2 K) 21,11 Wh/(m2 K)
    1600 Ws/(m2 K) 1200 Ws/(m2 K) 8400 Ws/(m2 K) 28160 Ws/(m2 K) 76000 Ws/(m2 K)
    Qs 0,048 Wh/K 0,036 Wh/K 0,254 Wh/K 0,852 Wh/K 2,299 Wh/K
    174,2 Ws/K 130,7 Ws/K 914,8 Ws/K 3066,6 Ws/K 8276,4 Ws/K
    1/R 1,00 W/(m2 K) 1,00 W/(m2 K) 1,00 W/(m2 K) 3,25 W/(m2 K) 22,00 W/(m2 K)
    Ufalsch 0,85 W/(m2 K) 0,85 W/(m2 K) 0,85 W/(m2 K) 2,09 W/(m2 K) 4,64 W/(m2 K)
    Urichtig 0,91 W/(m2 K) 0,91 W/(m2 K) 0,91 W/(m2 K) 2,45 W/(m2 K) 6,88 W/(m2 K)
    tw 0,44 h 0,33 h 2,33 h 2,41 h 0,96 h
    26,7 min 20,0 min 140,0 min 144,4 min 57,6 min
    1600 s 1200 s 8400 s 8665 s 3455 s
    ηt 0,38 0,50 0,07 0,07 0,17

    Interessant ist auch der Verlauf der Temperatur Tv unmittelbar nach dem Einschalten der Infrarotlampe. Da noch keine (bzw. nur geringe) Temperaturdifferenzen vorhanden sind, sollte!!! Is relativ konstant sein. Eine Abweichung von der Konstanz oder unplausible Werte geben Hinweise auf ungewollte Effekte.

    Um die Meßwerte richtig zu interpretieren, ist ein Vergleich mit den rechnerisch zu erwartenden Werten durchzuführen. Relativ einfach ist der Temperaturverlauf an der Oberfläche eines halbundendlichen Körpers durch Lösung der Fourierschen Wärmeleitungsgleichung anzugeben [2]. Als wesentliche Konstante wird dabei der Wärmeeindringkoeffizient b gebraucht. Wenn man die Temperaturlösung des halbundendlichen Körpers bei Beginn eines Strahlungseinfalls nimmt, muß man auch die Vergleichbarkeit mit einer Platte begrenzter Dicke untersuchen.

    Für den Temperaturverlauf auf der Vorderseite spielt bei Beginn die Dicke noch keine Rolle, da die Wärme noch keine Zeit hatte, in die Tiefe zu strömen. Erst mit größerer Zeit ergeben sich Unterschiede, wenn der Wärmestrom an der Rückseite anders wird und diese Störung sich an der Oberfläche bemerkbar macht. Bei der kurzen Zeit von 10 min macht sich die Endlichkeit der Dicke noch nicht bemerkbar. Siehe Rechnung.

    Die ersten 2 Glieder der Reihenentwicklung des Temperaturverlaufs auf der Vorderseite für kleine Zeiten liefern:

    ΔT (t) = Formel(1 - Formel) mit t0 = 2 Formel

    Die Benutzung von mehr Gliedern der Entwicklung bringt hier nichts, da die anderen Meßunsicherheiten viel größere Fehler bringen.

    Aber bereits mit dieser Näherung lassen sich 2 Größen gewinnen aus Nullwert und Neigung einer Trendgerade: Der Wärmestrom Ieo und der Wärmeübergangswiderstand α:

    Ieo = Formel Formel und α = Formel Formel

    Trend

    Um diese Größen zu ermitteln, wird Ie über Formel aufgetragen und eine Trendgerade ermittelt. Der Wert von Ie zur Zeit 0 ist dann der gesuchte Wert und die Verlängerung der Trendgerade auf Ie = 0 ergibt dann die Zeit t0. Damit können die gesuchten Größen ermittelt werden.

    Der Prüfling ist weder ∞ in der Dicke noch ist die Bestrahlung gleichmäßig. Außerdem wird mit der Zeit die auf den Prüfling fallende Strahlung durch zusätzliche Strahlung der erwärmten Seitenwände verstärkt, aber das kompensiert nicht die wachsende Wärmeabgabe der Oberfläche.

    Die Punkte für Zeiten > 0 ergeben sich durch Auswertung oben stehender Formel mit den Daten der Tabelle 3 aus [1]. Die Punkte zur Zeit 0 ergeben sich durch die Trendkurven.

    Mit den Trendkurven lassen sich folgende Werte ermitteln:

      Mineralwolle Styropor Holzfaserplatte Fichte Ziegel
    Ieo 535,8 W/m2 130,7 W/m2 533,9 W/m2 909,3 W/m2 2172,5 W/m2
    N -12,71 W/(m2s½) -2,83 W/(m2s½) -10,93 W/(m2s½) -8,63 W/(m2s½) -18,88 W/(m2s½)
    t00 42,16 s½ 46,12 s½ 48,85 s½ 105,34 s½ 115,09 s½
    ηα 0,58 0,53 0,50 0,23 0,21
    α 1,07 W/(m2 K) 0,85 W/(m2 K) 2,12 W/(m2 K) 3,24 W/(m2 K) 12,68 W/(m2 K)
    1/α 0,9340 m2 K/W 1,1798 m2 K/W 0,4724 m2 K/W 0,3086 m2 K/W 0,0789 m2 K/W

    Wegen der vielfältigen Randbedingungen (Konstruktion von Unterlage und Prüfling, Erwärmung der Seitenwände usw.) ist der Verlauf der Punkte mit vernünftigen Aufwand nicht berechenbar. Die Trendlinien schneiden bald die Nullinie von Ie. Beim halbundendlichen Körper sollte sich deshalb eigentlich schon eine leichte Krümmung der Punktreihe nach oben ergeben. Davon ist hier noch nichts zu erkennen. Die Abweichungen von den linearen Trendkurven läßt keine Systematik erkennen. Die Lage der Punkte läßt vermuten, daß alle Punkte noch auf einer Geraden liegen müßten. Die Aufheizung wird nach te = 10 min beendet.

    Die Abweichungen von den Trendkurven sind relativ gering. Da den Experimentatoren die Lösung der Fouriergleichung nicht bekannt sein dürfte, spricht auch die geringe Streuung um die Trendkurve für die Nichtfälschung der Meßwerte - und läßt gleichzeitig Rückschlüsse auf Zeit- und Meßtoleranz der Meßwerte zu.

    Die Strahlungsdichten, die sich aus den Trendkurven ergeben, sind besonders beim Ziegel unplausibel. Die 1/α-Werte sollten zwischen 0,04 m2K/W und 0,17 m2K/W liegen. Besonders bei den Dämmstoffen sind die Werte zu groß.

    Es ist deswegen zu vermuten, daß die Zusatzstrahlung der erwärten Seitenwände wesentlich ist. Deshalb muß der nachfolgende Teil dieses Abschnitts wesentlich überarbeitet werderden.

    **************************************************************

    Die Ieo-Werte sind auch mit den bekannten Versuchswerten verträglich. Die Werte um 600 W/m2 entsprechen etwa der Strahlstärke einer 150 W-Lampe in 0,5 m Abstand − die Hauptintensität konzentriert sich auf eine Fläche von weniger als ¼ m2. Nimmt man für die Holzfaserplatte einen Absorptionskoeffizienten (=Emmisionskoeffizient) von 0,9 an, so wäre die Bestrahlungsstärke 724 W/m2.

    Für die übrigen Absorptionskoeffizienten ergeben sich dann folgende Werte (nach [7] dürften die angenommenen Werte evtl. zu hoch sein, aber die relativen Verhältnisse könnten richtig sein.):

    MiWo

    PS

    Holzfaser

    Fichte

    Ziegel

    0,74

    0,18

    0,90

    0,79

    0,64

    Diese Absorptionskoeffizienten sind auch plausibel, denkt man die weiße Farbe von PS.

  13. Meßprobleme beim Experiment
  14. Mehrere wesentliche Größen wurden bei diesem Experiment nicht gemessen: die Umgebungstemperatur, die Strahlstärken und die Wärmeströme. Die in Tabelle 3 aus [1] angegebenen Materialdaten sind wahrscheinlich die Normdaten der verwendeten Materialien und nicht die Daten der Prüflinge. Die λ-Werte der Dämmstoffe sind in der Regel besser als die Nenndaten der Wärmeleitfähigkeitsgruppe.

    Daneben existieren weitere Meßprobleme, die wahrscheinlich zum großen Teil gar nicht erkannt wurden, da in [3] steht: "Beim Lichtenfelser Experiment sind keine Messprobleme aufgetreten!" Bei jeder Meßaufgabe bestehen Meßprobleme - es kommt nur darauf an, diese Probleme zu erkennen und zu beherrschen.

    Eine Aufstellung der Probleme, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.:

    1. Sind die Unterlagen bei allen Prüflingen gleich? Nach den Aussagen von Herrn Fischer in http://www.bau.de/forum/bauphysik/112-13.htm#1018375146 Punkt 7 ist bei allen Prüflingen Mineralwolle als Unterlage verwendet worden, aus den Fotos und der Globus-Sendung [6] ist etwas anderes zu sehen. In den anderen Artikeln steht nichts.
    2. Wieso ist ein Dämmmaterial (Mineralwolle) als Unterlage verwendet worden, wenn Dämmmaterialien angeblich nicht dämmen?
    3. Sind die Versuche unter gleichen Bedingungen durchgeführt? Nicht das z.B. einmal 2 Seitenwände erwärmt werden, ein anderes mal nur eine.
    4. Ein weiteres Problem ist auch schon genannt - die richtige Berücksichtigung der Zusatzstrahlung durch die Erwärmung der Seitenwände des Versuchsaufbaus.
    5. Ein weiteres Problem wurde ebenfalls schon genannt: Inwieweit entspricht die Kühlung der Oberflächen der Prüflinge der Realität?
    6. Wie wird die Oberflächenfarbe berücksichtigt?
    7. Sind alle verwendeten Materialien ausreichend hitzebeständig? Es treten ja Temperaturen bis 180°C auf. Beim Thermometerfühler sind z.B. Klebstoffe verwendet, die entsprechend dem zulässigen Meßbereich des Thermometers bei den hohen Temperaturen des Experiments nicht mehr beständig sein müssen.
    8. Wie groß ist der Unterschied zwischen der Temperatur der Vorderseite des Prüflings und der Anzeige des Thermometers? Im Bereich des Temperaturfühlers liegt ein anderer Reflexionsfaktor vor, inwieweit ist die Speicherwirkung des Fühlers zu berücksichtigen oder zu vernachlässigen, welche Rolle spielt der Wärmewiderstand des Fühlers?
    9. Wie ist der Kontakt zwischen Prüfling und Temperaturfühler?
    10. Wie wirken sich die Fühlereigenschaften auf die angezeigte Temperatur der Rückseite aus?
    11. Welche Meßfehler haben die Thermometer? Nach den Fotos usw. ist zu vermuten, daß es um um den Typ "RS Dual Thermometer with Memory 427-411". Dann sind die Meßfehler erheblich bis zu unbrauchbaren Meßwerten.
    12. Wie ist die Reproduzierbarkeit des Kontaktes Rückseite des Prüflings mit der Unterlage? Die Biegsamkeit der Prüflinge ist unterschiedlich. Wenn sowohl Unterlage als auch Prüfling starr sind, kommt es nur zur punktweisen Berührung zwischen beiden. In der übrigen Fläche ist ein Luftfilm vorhanden, der je nach Ebenheit mehr oder weniger dick ist. Besser wäre der Einsatz einer Wärmeleitpaste gewesen.
    13. Welchen Einfluß hat der vorige Punkt auf den Unterschied zwischen der Temperatur der Rückseite und der Temperatur der Unterlage?
    14. Welche Wärmeleit- und Speicherwerte hat die Unterlage?
    15. Wie ist Umgebungstemperatur?
    16. Wenn die Unterlage immer Mineralwolle war: Auf wieviel cm drückt eine 4 cm dicke Ziegel-Platte wohl eine 10 cm Mineralwolleschicht zusammen, wenn man keine Abstandshalter verwendet?
    17. Aus welchem Material bestanden die Abstandshalter, wenn welche verwendet verwendet wurden?
    18. Wie haben die Experimentatoren eine 4 cm dicke Ziegelplatte mit Kantenlänge 33 cm x 33 cm hergestellt? Wurden Mauerziegel in 4 cm dicke Scheiben geschnitten, diese nebeneinander gelegt und mit "Ziegelpattex" verklebt?

    Keines dieser Meßprobleme ist in [1] erwähnt und sicher auch nicht erkannt - statt dessen die oben erwähnte Bemerkung. Aber das ist auch nicht anders bei jemanden zu erwarten, der nicht messen will und damit bei einer Messung überfordert ist. Zitat: "'Ich arbeite deduktiv', sagt Claus Meier. 'Keine Experimente, da macht man nur Messfehler.'" [4]. Nun hat Prof. Meier entgegen seinem Vorsatz doch ein Experiment gemacht und seine eigene Einschätzung bestätigt.

    Bestätigt wird diese Einschätzung auch dadurch, daß keine Unsicherheiten irgendwelcher Werte angegeben sind.

    Einen sorgfältigen Experimentator hätte z.B. zumindest der Temperaturabfall der Vorderseite der Mineralwolle nach 5 min Bestrahlung stutzig gemacht. Er hätte dann z.B. folgende Tabelle der Temperaturänderungen aus den Meßwerten aufgestellt:

     

    MiWo

    PS

    Holzfaser

    Fichte

    Ziegel

    0,0 - 2,5 min

    129,0 K

    39,0 K

    63,0 K

    35,0 K

    20,0 K

    2,5 - 5,0 min

    31,0 K

    6,0 K

    4,0 K

    18,0 K

    10,0 K

    5,0 - 7,5 min

    -1,0 K

    2,0 K

    12,0 K

    5,0 K

    2,0 K

    7,5 - 10, min

    -7,0 K

    4,0 K

    5,0 K

    3,0 K

    4,0 K

    Beim Anschauen dieser Tabelle hätte er sich gewundert, daß nicht alle Spalten so eine gleichmäßige Abnahme wie die Spalte "Fichte" zeigen. Denn dieser Verlauf ist stimmig - die Temperatur strebt kontinuierlich einem Endwert zu und deswegen wird der Anstieg kontinuierlich geringer. Hier ist es so, daß je Zeitintervall sich der Temperaturanstieg etwa halbiert. Bei PS, Holzfaser und Ziegel kommt es nach dem zu erwartendem Abfall zu einem erneuten Anstieg, bei der Holzfaser kommt es anschließend wieder zu dem zu erwartenden Abfall beim Streben zum stationären Endwert, wo dieser Anstieg zu Null wird. Bei MiWo wird der Anstieg sogar negativ.

    Aber wie sind diese unerwarteten Effekte in allen Spalten außer der Fichte zu erklären? Jeder ernsthafte Experimentator (besonders jemand, der "unerwartete Ergebnisse" präsentieren will) hätte sich veranlaßt gesehen, dieses Phänomen sofort näher zu untersuchen - nicht aber so unsere "Laienforscher", die altbekanntes Wissen als überraschend präsentieren wollen.

    Da der Autor den Meßaufbau nicht hat, kann er nur spekulieren. Eine einleuchtende Erklärung wird im nächsten Abschnitt gegeben.

  15. Der Schornsteineffekt
  16. Der wesentliche Grund für den Temperaturabfall bei der Mineralwolle und die unerwarteten Temperaturverläfe könnte der Schornsteineffekt sein. Bei dem kompakten Versuchsaufbau ist das nicht sofort zu sehen.

    Deswegen zunächst der Schornsteineffekt. Es ist bekannt, daß nach dem Anfeuern eines Ofens, der Ofen zunächst nicht "zieht". Grund: der Schornstein ist noch kalt und deswegen fehlt der thermische Auftrieb.

    Wie kann der Schornsteineffekt nun bei dem "Lichtenfelser Experiment" wirken? Dazu zunächst eine Modifikation des Versuches. Aus Holz wird ein senkrechter Schacht (Schornstein) gebaut und unten wird ein Stück vertikaler Schachtabschnitt aus Prüflingsmaterial gebaut. Zunächst wird nur der Prüflingsabschnitt des Schachtes erwärmt, z.B. auch durch Infrarotlampen. Irgendwann wird eine stationäre Endtemperatur erreicht. Die Luftbewegung in Schacht ist dabei sehr gering, weil der warme Abschnitt des Schachtes nur sehr kurz ist - vergleichbar dem Feuer im Ofen.

    Wenn nun der obere Teil des Schachtes erwärmt wird - beispielsweise durch weitere Infrarotlampen, wird der Schacht "Zug" bekommen - anolog dem erwärten Schornstein. Dadurch setzt eine lebhafte Luftbewegung im Schacht ein, d.h. es wird unten kühle Luft mit hoher Geschwindigkeit angesaugt.

    Was passiert nun mit der Temperatur des Prülingsabschnitts? Durch die hohe Luftbewegung mit kühler Luft wird die Temperatur gegenüber der Temperatur ohne (bzw. geringer) Luftbewegung sinken.

    Im "Lichtenfelser Experiment" sind nun die einzelnen Komponenten nicht so schön getrennt, wie bei dem vorgenannten Schacht - aber trotzdem vorhanden. Zwar ist der Versuchsaufbau vorn offen, aber die drei Seitenwände des Versuchsaufbaus haben die Schachtwirkung, wenn auch nicht in der Güte, wie ein richtiger Schacht. Aber der Prüfling ist auch unten und wird durch die "Schachtluft" gekühlt.

    Der Weg der "Schachtluft": Die Funktion der Schachtwände übernehmen die Seitenwände des Gehäuses. Da der "Schacht" oben einen Deckel hat, strömt die "Schachtluft"an der vorderen oberen Kante des Deckels ab. Unten ist der "Schacht" auch nicht offen, deswegen wird die "Schachtluft" von der vorderen oberen Kante des Prüflings zu den Seitenwänden des Aufbaus gesaugt und dabei den Prüfling kühlen.

    Ein weiterer Unterschied "Schacht" ./. "Lichtenfelser Experiment" ist, das die Infrarotlampe gleichzeitig "Schacht" und Prüfling erwärmt. Nach dem Einschalten der Infrarotlampe ist weder Prüfling noch Gehäuse ("Schacht") warm, beide erwärmen sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Die Geschwindigkeit der Luftbewegung wird dabei weitgehend durch die Gehäusetemperatur bestimmt.

    Rechnerische Behandlung des Schornsteineffekts ist im Rechenanhang.

    Von diesen unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Erwärmung hängen die Auswirkungen der Gehäuseerwärmung ab:

     

  17. Die "Bedeutung" des Lichtenfelser Experiments
  18. In [1] und anderen Veröffentlichungen behauptet Prof. Meier, daß das Lichtenfelser Experiment "Überraschung und Erstaunen" ausgelöst habe. "..., die in der Fachwelt hohe Wellen schlugen. Die etablierte Bauphysik-Szene war entrüstet, die verarbeitende Dämmindustrie schockiert, man widersprach." [5] So ein Unsinn! Wie kann ein Experiment "Überraschung und Erstaunen" auslösen, wenn es absolut keine neuen Erkenntnisse bringt? Die Fouriersche Wärmeleitungsgleichung ist schon über 100 Jahre bekannt, daß ein Experiment eine dieser bekannten Lösungen bestätigt, kann doch weder Überraschung noch Erstaunen auslösen. Noch dazu, wo die Durchführung des Experiments so miserabel war, daß nur qualitative und keine quantitativen Aussagen möglich sind. In der Laienwelt (besonders bei den Ziegelphysikern) kann das Experiment schon hohe Wellen geschlagen haben - weil das Wissen fehlt.

    Mit dem Lichtenfelser Experiment werden Tatsachen bewiesen, die die Experimentatoren möglicherweise nicht beweisen wollten: Durch Lösung der Fouriergleichung lassen sich instationäre Vorgänge richtig beschreiben - auch wenn die Experimentatoren nicht in der Lage waren, ihre Meßergebnisse richtig zu interpretieren, da ihnen die hierzu erforderlichen mathematischen Kenntnisse fehlen. Dadurch haben die Experimentatoren Interpretationen verbreitet, die mit der Realität nichts zu tun haben. Die Ergebnisse, die sich aus den Messungen ergeben bestätigen die Praxis recht gut - auch wenn erhebliche Meßfehler auftraten und jede Menge unerkannte Meßprobleme vorliegen. Damit sollten die Experimentatoren eigentlich den Schluß ziehen, daß sie auch Lösungen der Fourierschen Wärmeleitungsgleichung trauen dürfen, die beweisen, daß über eine Heizperiode die Speicherwirkung so gut wie keine Rolle spielt, obwohl sie bei den Rechnungen nie vernachlässigt wird. Aber ich glaube, die Experimentatoren sind mit den mathematischen Anforderungen für die Lösung einer Differentialgleichung überfordert und lehnen diese Lösungen deshalb unberechtigt als Rechentricks ab.

    Warum sich dann mit dem Lichtenfelser Experiment beschäftigen - u.a. diese Abhandlung? Das hat nur einen Grund: nicht die Ergebnisse, sondern die Falschinformation eines Teils der Menschen, die mit dem Bau zu tun haben. Das sind Personen, denen die Bauphysik ein Buch mit 7 Siegeln ist und denen Prof. Meier, dem die Bauphysik genau so ein Buch mit 7 Siegeln ist, einfache - aber falsche - Erklärungen anbietet. Infolge dieser mangelnden Kenntnisse kann Prof. Meier durch Fernsehen usw. seinen Unsinn zu verbreiten - und es sind gegen diese Verbreitung von Unsinn Aktivitäten erforderlich - z.B. diese Abhandlung.

    Noch etwas: Auf diese Abhandlung sind 2 Reaktionen der Ziegelphysiker möglich, weil diese keine Argumente gegen eine weitgehend fehlerfreie Abhandlung haben: erstens Schweigen oder zweitens die bereits bekannte pauschale Verunglimpfungen, wie "mathematische Mätzchen" [10] oder ähnliche. Dabei beweisen diese Texte von Prof. Meier nur, daß er diesen Texten logisch und mathematisch weniger folgen kann, als ein Durchschnittsbauherr, denn zur "Widerlegung" werden z.B. Behauptungen in die Texte hineininterpretiert, die ausdrücklich ausgeschlossen wurden, und dann werden die erfundenen Behauptungen widerlegt. Besonders krass ist dieser Fakt bei der Behauptung, bei der Lösung der Fourierschen Wärmeleitungsgleichung würde immer der zeitabhängige Teil zu Null gesetzt.

    Eine Sammlung der grundsätzlichen Irrtümer Prof. Meiers - von ihm selbst zusammengestellt und vom Autor kommentiert. [11]

  19. Literatur:
[1] Meier, C.: X für ein U? Bauen im Bestand (B+B) 25(2002), Nr. 6, S. 73 - 78 oder fast gleich http://www.dimagb.de/info/bauphys/daedaeni.html#long
[2] Ebel, J.: Oberfläche und Speicherung. http://www.Ing-Buero-Ebel.de/Arbeiten/Wand/OberflaecheL.htm
[3] Meier, C.: Wärmedämmung. Bauen im Bestand (B+B) 26(2003), Nr. 7, S. 46 - 48
[4] Schrader, C.: Der Streit um die Wärmedämmung. SZ vom 29.01.2002. Seite V2/12 (Seite: WISSENSCHAFT)
[5] Meier, C.: Das Lichtenfelser Experiment. http://clausmeier.tripod.com/lichtenf.htm
[6] Meier, C.: Das Lichtenfelser Experiment. Globus-Sendung der ARD (BR) am 03.04.02 http://www.br-online.de/ard/globus/20020403.html#t3
[7] Sieber-W: »Zusammensetzung der von Werk- und Baustoffen zurückgeworfenen Wärmestrahlung« Zeitschrift für technische Physik 22 (1941) H. 6, S. 130-136
[8] Ebel, J.: Die einschalige Wand mit Einschaltung oder periodischer Erregung. http://www.Ing-Buero-Ebel.de/Arbeiten/Schale/Wand.htm
[9] Mende, D. und Simon, G.: Physik - Gleichungen und Tabellen. VEB Fachbuchverlag Leipzig 1971
[10] Meier, C.: Der ominöse U-Wert. Bauen im Bestand (B+B) 26(2003), Nr. 2, S. 46 - 50
[11] Ebel, J.; Meier, C.: Kommentierung einer "Widerlegung" Prof. Meiers. http://www.Ing-Buero-Ebel.de/U-Ent/U-Wert.htm
[12] Fischer, K.; Köneke, R.; Lipfert, F.; Meier, C.; Parsiegla, H.: Temperaturmessung − Dämmstoffe im Vergleich. Bauen im Bestand (B+B) 24(2001), Nr. 8, S. 9 (Literaturangabe nach [1])
[13] Grigull, U. • Sandner, H.: Wärmeleitung. Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 1979
[14] Bronstein, I. N.; Semendjajew, K. A.: Taschenbuch der Mathematik. BSB B. G. Teubner Ver­lags­ge­sellschaft, Leipzig 1979

Die verwendeten Thermometer wurden in der Globus-Sendung [6] in Großaufnahme gezeigt. Danch handelt es sich um den Typ "RS Dual Thermometer with Memory 427-411" mit einem rechts oben im Thermometergehäuse montierten Innensensor und einem externen Temperatursensor, der sich in einem schwarzen(!) Kunststoffgehäuse befindet und über ein Kabel mit dem Thermometergehäuse verbunden ist.

Thermometer

Auf den Fotos in [1] und der Globus-Sendung [6] ist der externe Temperatursensor als schwarzer Punkt oben auf der Mineralwolle bzw. dem Styropor zu sehen. Im Filmbeitrag wird er jedoch nicht oben auf dem Prüfling gezeigt, sondern steckt unterhalb des Prüflings in einer Aussparung in der Unterlage. Da jede Kammer nur über ein Thermometer verfügt und jedes Thermometer nur einen externen Thermosensor besitzt, wurden die Temperaturen auf der Ober- und der Unterseite des Prüflings also entweder gleichzeitig von zwei verschiedenen Thermometern gemessen. Oder aber sie wurden in zwei Durchgängen nacheinander vom selben Thermometer gemessen.?

Vertrieben wird das Thermometer für 18,90 € unter der Artikel-Nr. 427-411 von der RS Components GmbH, 64546 Mörfelden-Walldorf http://www.rsonline.de. Nach Registrierung kann man dort das Datenblatt des Thermometers einsehen. Der Hersteller (ETL Electronic Tomorrow LTD., Hong-Kong, Modell 2170) gibt die Genauigkeit im Arbeitstemperaturbereich 0..+40 °C mit ±1 K, im darüber hinaus noch zulässigen Messbereich -50..+70 °C mit ±2 K an.

Wenn die Experimentatoren mit diesem Thermometer auch die oberseitige Oberflächentemperatur gemessen haben sieht's übel aus: Denn dann würde nur bei rund der Hälfte (22) der insgesamt 45 in Tabelle 3 aus [1] angegebenen Oberseitentemperaturwerte (0 cm) die Genauigkeit ±1 K betragen. Bei rund einem Viertel (11) würde sie bereits ±2 K beträgt und das restliche Viertel (12) würde außerhalb des zulässigen Messbereichs des Thermometers liegen.

Impressum, Disclaimer Zurück zur Startseite letzte Änderung: 07.02.2007